FM-Synthese: Alles, was du wissen musst, um loszulegen

FM-Synthese: Alles, was du wissen musst, um loszulegen

Synthesizer sind mit die inspirierendsten Musik-Maschinen, die es gibt.

Die Tatsache, dass man in einer Maschine seine eigenen komplexen musikalischen Texturen aus dem Nichts erschaffen kann, fühlt sich jedes Mal wie Magie an.

Viele Produzent*innen sind mit den Grundlagen der Synthese vertraut. Konzepte wie Oszillatoren, Filter und Hüllkurven haben sich mittlerweile ihren Weg in die tägliche Praxis von Musiker*innen gebahnt.

Diese Komponenten sind alle Teil einer Methode, die man subtraktive Synthese nennt. Doch es gibt noch eine ganze andere, mysteriösere Synthesizer-Welt da draußen.

Damit meine ich die FM-Synthese. Viele Produzent*innen sind der Ansicht, dass FM altmodisch und zu kompliziert ist. Immerhin stammt FM aus einer Zeit, zu der die meisten Synthesizer klobige schwarze Boxen mit winzigen Menüs statt echten Reglern waren.

Doch FM ist eine der interessantes Arten von Synthese überhaupt. Wenn du auf der Suche nach ein paar frischen Synth-Sounds für deinen nächsten Track bist, gibt es fast keine bessere Wahl als FM.

In diesem Artikel erkläre ich dir, was FM-Synthese ist und wie du sie in deiner Musik einsetzen kannst.

Dann legen wir mal los.

Was ist FM-Synthese?

FM-Synthese ist eine Methode, um komplexe Klänge zu generieren, indem die Frequenz eines Sounds mit einer anderen Frequenz moduliert wird.

FM-Synthese ist eine Methode, um komplexe Klänge zu generieren, indem die Frequenz eines Sounds mit einer anderen Frequenz moduliert wird.

FM wurde in den späten 60ern von John Chowning an der Stanford University erfunden, doch sie gewann erst später an Beliebtheit, als Yamaha 1983 den auf dieser Technologie basierenden DX7 auf den Markt brachte.

Der DX7 hat sich tausende Mal verkauft und den Synth-Sound der 1980er Jahre definiert.



Wozu ist die FM-Synthese gut?

FM ist ein unverwechselbarer Synthese-Stil, der für bestimmte Sounds sehr gut funktioniert.

Du kennst bestimmt viele der FM-Synthese-Klassiker aus den 80ern, doch es gibt noch viel mehr.

FM-Synthese funktioniert super für folgende Arten von Sounds:

  • Instrumente mit einer komplexen Attack wie E-Pianos, Glocken und Hammerschlag
  • Aggressiver Bass, der durch den Mix stößt
  • Eisige atmosphärische Pads
  • Gezupfte Streichinstrumente oder verzerrte Sounds

Wie funktioniert FM-Synthese?

FM-Synthese benutzt das Prinzip der Frequenzmodulation, um einzigartige Sounds zu erzeugen.

Der Begriff Frequenzmodulation klingt ein bisschen furchteinflößend, doch du benutzt dieses Prinzip in seiner simpelsten Form wahrscheinlich schon längst.

Frequenzmodulation ist wie jede andere Art der Modulation, die du in deinem subtraktiven Synth mit Hilfe von LFOs erzeugen würdest – mit einem zentralen Unterschied.

Falls du eine kleine Auffrischung brauchst, findest du hier die Grundlagen. Eine elementare Oszillator-Wellenform ist an sich nicht sehr interessant.

Sie braucht Bewegung und Aktion, um interessant zu sein. Und da kommt Modulation ins Spiel. Modulation sorgt über die Zeit hinweg für Veränderung.

Man benutzt einen speziellen Typ von Oszillator, ein LFO, um andere Parameter des Synths zu modulieren. Stell dir vor, du hättest eine dritte Hand, die jedes Mal zur exakt gleichen Rate einen Regler nach oben und unten schieben könnte – das ist LFO-Modulation!



Wenn du ein LFO auf die Oszillator-Tonhöhe (oder -Frequenz) anwendest, bekommst du einen Vibrato-Sound. Das ist die simpelste Form der FM-Synthese.

Wenn du ein LFO auf die Oszillator-Tonhöhe (oder -Frequenz) anwendest, bekommst du einen Vibrato-Sound. Das ist die simpelste Form der FM-Synthese.

Die Geschwindigkeit des Vibrato-Effekts wird durch die Frequenz des LFOs bestimmt, und seine Intensität durch die LFO-Menge.

Im Grunde ist das der gleiche Prozess, der in einem FM-Synthesizer vonstatten geht, jedoch, wie ich zuvor erwähnt habe, mit einem Unterschied.

Wenn du die Frequenz des LFOs erhöhst, klingt der Sound immer weniger wie ein Vibrato, sondern wie ein komplett neuer Sound.

An dieser Stelle wird es interessant. Bei Frequenzen im hörbaren Bereich und darüber hinaus kann diese Art der Modulation Klänge erzeugen, die es vor FM in der Synthese nicht gab.

Ich zeige dir, wie das geht.

Operatoren

Moderne FM-Synthese lässt sich auf den DX7 zurückführen. Selbst heutzutage basieren FM-Synthesizer noch auf den gleichen Komponenten – Operatoren, Algorithmen, Träger und Modulatoren.

Ich gehe im Folgenden jedes Element durch und erkläre, wie es funktioniert.

Operatoren sind die Grundbausteine in einem FM-Synthesizer.

Du kannst dir jeden Operator als einen winzigen Synthesizer vorstellen, der über seinen eigenen Oszillator und Hüllkurvengenerator verfügt. Doch jeder dieser Mini-Synths kann lediglich eine elementare Sinuswellen-Oszillator-Form verwenden.

Die klassischen FM-Synths verfügen über insgesamt sechs Operatoren. Das ist ganz schön viel Synthese-Power in einem Gerät.
Heißer Tipp: Manche der neueren FM-Synths haben lediglich vier Operatoren. Das mag einem weniger flexibel vorkommen, doch moderne FM-Operatoren können häufig mit anderen Wellenformen als Sinus loslegen. Wie ich später erklären werde, erleichtert das den Prozess des Bildens komplexer Sounds und macht es um einiges einfacher, mit der FM-Synthese loszulegen.

Träger und Modulatoren

Um Frequenzmodulation zu erzeugen, brauchst du mindestens zwei Quellen. Eine, die moduliert, und eine andere, die moduliert wird.

In einem FM-Synthesizer werden beide Rollen von Operatoren übernommen.

Der Operator, der moduliert (stell ihn dir einfach wie das LFO aus dem vorherigen Beispiel vor), wird Modulator genannt.

Der Operator, der moduliert wird, wird Träger genannt.

Die Magie der FM-Synthese entsteht, wenn man die Frequenz und Hüllkurven des Operators sowie das Arrangement innerhalb eines Patches verändert.

Algorithmen

Wo wir schon beim Operator-Arrangement sind: Die Art, wie jeder Träger oder Modulator mit den anderen Operatoren verbunden ist, macht einen großen Unterschied für den Sound.

Welcher Operator moduliert welchen Operator? Wie viele Operatoren sind im Einsatz? Modulieren sie alle mehr als einen Operator?

Wenn es sechs Operatoren gibt, wird das Arrangieren von Operatoren schnell kompliziert.

Deshalb hat sich Yamaha dazu entschieden, eine bestimmte Anzahl festgelegter Operator-Arrangements für die nützlichsten Konfigurationen zu implementieren.

Diese voreingestellten Routings werden Algorithmen genannt.

Sie sind die witzigen schwarzen Blockschaltbilder, die auf der Frontplatte des DX7 abgebildet sind, falls du den Synth schonmal live gesehen hast.

Die Algorithmen mögen komplex aussehen, doch hier findest du alles, was du brauchst, um sie zu verstehen. Die untere Reihe der Operatoren in einem Algorithmus sind die Träger. Die restlichen sind die Modulatoren.

Die untere Reihe der Operatoren in einem Algorithmus sind die Träger. Die restlichen sind die Modulatoren.

Die Träger spielen eine ähnliche Rolle wie die Oszillatoren in einem traditionellen subtraktiven Synth.

Schauen wir uns zum Beispiel Algorithmus Nr. 5 in dieser Tabelle mit vier Operator-Algorithmen an.

fm synthesis algorithms four operator

In diesem Beispiel werden beide Träger von einem Operator moduliert.

Wenn man die beiden Modulatoren auf unterschiedliche Frequenzen einstellt, entstehen so zwei verschiedene Klänge.

Wenn man den Pegel jedes einzelnen Trägers verändert, bestimmt das die Mischung der Klänge auf die gleiche Weise, wie wenn man zwei Oszillator-Wellenformen in einem subtraktiven Synth mischt.

Hüllkurvengeneratoren

Wenn die Sounds, die du mit FM generierst, mit der Zeit keine Veränderung in der Amplitude aufweisen würden, würden sie natürlich relativ schnell ziemlich langweilig werden.

Subtraktive Synths verfügen über Hüllkurvengeneratoren für den VCA und häufig auch die Filter.

So kannst du ein fließendes, anhaltendes Pad in ein scharfes, perkussives Zupfen verwandeln.

Hüllkurvengeneratoren funktionieren in der FM-Synthese auf die gleiche Weise, es gibt nur einfach mehr von ihnen – einen pro Operator, um genau zu sein.

Für Träger funktionieren Hüllkurvengeneratoren genauso wie in der subtraktiven Synthese.

ADSR envelope explained

Im obigen Beispiel mit den vier Operatoren erzeugst du einen Pad-Sound, indem du für beide Träger eine langsame Attack und einen langen Release einstellst – ganz einfach.

Doch auch Modulatoren können Hüllkurven haben. Gehen wir zurück zum grundlegenden LFO-Vibrato, um nachzuvollziehen, wie das Ganze funktioniert.

Die LFO-Frequenz wird zur Vibrato-Rate, doch die LFO-Amplitude wird zur Vibrato-Tiefe.

Du erinnerst dich bestimmt, dass der Hüllkurvengenerator über die Zeit hinweg Veränderungen an der Amplitude eines Sounds vornimmt.

Wenn du diesem LFO eine Pad-Hüllkurve hinzufügen würdest, würde die Vibrato-Rate konstant bleiben, doch die Intensität würde mit der Zeit zunehmen und dann langsam abnehmen, wenn du die Taste loslässt. Mehr dazu später.

Verhältnisse

Einer der komischste Aspekte der FM-Synthese ist, dass sie einem so unvorhersehbar erscheint. Wenn man willkürlich Modulator-Frequenzen auswählt, führt das zu ziemlich chaotischen Sounds.

Doch für die meisten Arten von FM-Sounds wird diese Art der festgelegten Modulator-Frequenz nicht eingesetzt.

Stattdessen ist die Modulator-Frequenz häufig ein Mehrfaches des Trägers. Dadurch wird es um einiges einfacher vorherzusehen, welche Art von Sound du erzeugst.

Die Regel dabei lautet: Je höher das Verhältnis, desto komplexer die Oberschwingungen, die erzeugt werden.

Je höher das Verhältnis, desto komplexer die Oberschwingungen, die erzeugt werden.

Ein 1:1-Verhältnis zwischen Modulator-Frequenz und Träger zum Beispiel erzeugt einen Sound, der nur über wenig mehr Oberschwingungen als eine Sinuswelle verfügt – er klingt sogar einer Sägezahnwelle sehr ähnlich, sofern der Modulator-Pegel hoch genug ist.

Ein 2:1-Verhältnis erzeugt etwas, das einer Rechteckwelle ähnelt. Je höher das Verhältnis, desto komplexer werden die Töne.

Verhältnisse von 18:1 oder höher sind nötig, um die klassischen Glocken-Klänge, für die die FM-Synthese berühmt ist, zu erzeugen.

Feedback

Der letzte Aspekt, um den ich mich hier kümmern will, ist Operator-Feedback. Es gehört nicht unbedingt zu den Grundlagen, doch ist in den meisten FM-Synths enthalten, daher lohnt es sich, es kurz zu erklären.

Die exakte Definition ist ein bisschen kompliziert, doch alles, was du wissen musst, ist, dass Feedback bedeutet, dass die Frequenz des Operators zu seinem eigenen Modulator-Signal wird.

Das bedeutet, dass Feedback lediglich eine weitere Art ist, um obertonreiche Wellenformen aus den grundlegenden Sinuswellen, die in der FM zur Verfügung stehen, zu erzeugen.

Wenn du das Feedback erhöhst, nähert sich der Output des Operators einer Sägezahnwelle.

Feedback wird durch einen geloopten Signalweg um den Operator herum angegeben. In der traditionellen 6-Operator-FM gibt es normalerweise nur einen Signalweg mit Feedback pro Algorithmus.

FM-Synthese-Tutorial: Wie man einen Glocken-Sound programmiert

Falls das alles ein bisschen akademisch klingt, keine Sorge. Es gibt haufenweise praktische und musikalische Anwendungen der FM-Synthese.

Um dir dabei zu helfen, deinen ersten Patch in der FM zu machen, zeige ich dir, wie man mit Hilfe eines tollen kostenlosen VST-Synths namens Dexed namens Dexed die bekanntesten FM-Sounds erzeugt.

In diesem Tutorial kreiere ich einen Glocken-Sound.

Dann legen wir mal los:

1. Initialisiere ein Patch

Klicke auf “Init Patch” in der Nähe des Preset-Browsers auf Dexed, um ein leeres Patch zu starten.

Wenn du jetzt auf dem Keyboard spielst, solltest du eine elementare Sinuswelle hören, wenn du die Tasten drückst.

2. Wähle einen Algorithmus

Der nächste Schritt besteht darin, einen Algorithmus zu wählen, den du als Basis für dein Patch benutzen kannst. Auf diese Weise startest du mit einer klaren Idee bezüglich welche Operatoren wohin geroutet werden und wie sie sich auf deinen Sound auswirken.

In diesem Beispiel brauchen wir lediglich vier Operatoren, sodass du dich nur auf die unteren zwei Reihen des Algorithmus konzentrieren musst.

Da es sich hier nicht um ein komplexes Patch handelt, bleiben wir einfach beim voreingestellten Algorithmus.

fm synthesis algorithm

3. Füge einen Modulator hinzu

Im Moment hat dein Patch lediglich einen einzigen Träger, der von keinem Modulator beeinflusst wird.

Gehe mit der Mouse zu Operator 2, der sich direkt über Operator 1 im Algorithmus befindet.

Wenn du den Pegel erhöhst, hörst du irgendwann, wie deine Sinuswelle einer Sägezahnwelle immer ähnlicher wird.

4. Verändere das Verhältnis

Das voreingestellte Verhältnis in diesem FM-Synth ist 1:1. Ich erhöhe sie im Folgenden extrem, damit wir den Effekt eines erhöhten Verhältnisses deutlich hören können.

Mit einem Verhältnis von 18:1 kannst du alle Arten von Oberschwingungen hören, die jetzt präsent sind. Manche sind richtig gestimmt, doch andere sind extrem dissonant. Drehe den Pegel dieses Operators leicht zurück, um den Sound leicht zu glätten.

Dieser Sound mag im Moment nicht wirklich angenehm klingen, doch das Rauschen und die unbändigen Oberschwingungen sind wichtig, um die komplexe Attack eines Glocken-Sounds zu erzeugen.

5. Stelle die Hüllkurve ein

Reduziere die Sustain- und Decay-Zeit der Träger-Hüllkurve, bis sie lediglich ein kurzes Zupfen ist. Dein Ziel ist es, die komplexe Attack ausschließlich für den Beginn des Glocken-Sounds zu benutzen.

Die Hüllkurven von Dexed benutzen die gleichen Steuerfunktionen wie der Original-DX7. Man braucht ein bisschen Zeit, um sich an sie zu gewöhnen, doch du kannst die graphische Anzeige benutzen, falls du Hilfe brauchst.

6. Füge einen weiteren Träger hinzu

Wenn du den regulären Algorithmus verwendest, ist es super einfach, einen weiteren Träger hinzuzufügen – du musst lediglich den Pegel des anderen Operators in der unteren Reihe erhöhen.

In diesem Fall ist das Operator 3. Erhöhe seinen Pegel, sodass du seinen Sinuswellen-Ton zusammen mit der kurzen Attack des anderen Trägers hörst.

Die ursprüngliche Attack sorgt jetzt für Aufmerksamkeit zu Beginn des Sounds und die Sinuswelle sorgt für den Klangkörper.

7. Stelle die andere Hüllkurve ein

Der einzige Schritt, der noch fehlt, um diesen Glockenton zu vollenden, besteht darin, dem Sinuswellen-Träger eine glockenähnliche Hüllkurve zu verpassen.

Erhöhe die Release-Zeit auf der Hüllkurve von Operator 3, sodass sie langsam und schrittweise ausklingt.

FM-Abenteuer

FM ist eine der jüngsten Methoden, um Sounds aus dem Nichts zu synthetisieren. Das heißt, sie bietet nach wie vor unerkundetes Sound-Design-Potential.

Doch egal ob du auf der Suche nach neuem klanglichen Terrain, oder schlichtweg ein großer Fan der legendären Sounds der 80er bist, auf dem Gebiet der FM-Synthese gibt es viel zu entdecken, wenn du bereit bist, zu lernen.

Und wenn du einmal eingetaucht bist, wirst du feststellen, dass es gar nicht so angsteinflößend ist.

Jetzt da du mit den Grundlagen der FM-Synthese vertraut bist, kannst du dich an deine DAW setzen und mit FM dein erstes Patch bilden.

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Annika Wegerle

Annika liebt verquere Geschichten und schillernde Figuren. Sie schreibt über Musik und alles, was sie sonst in die Finger bekommt.

@Annika Wegerle

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