Unschöne Wahrheiten: Deine Ideen sind nicht so neu, wie du vielleicht denkst
Innovation lässt sich nicht auf Kommando erzeugen.
So offensichtlich einem eine neue Entwicklung im Nachhinein auch erscheinen mag, in der eigentlichen Situation ist Kreativität nicht ganz so einfach.
Wahrhaft neue Ideen sind so selten, dass Skeptiker*innen meistens die Ansicht vertreten, dass alles schon dagewesen ist.
Und auf gewisse Weise haben sie recht. Wir benutzen heute noch viele der gleichen musikalischen Gesten und Konventionen, die schon vor Jahrhunderten beliebt waren.
Doch dieser Umstand sollte dich nicht entmutigen.
Die musikalischen Ideen, die über die Jahrhunderte hinweg immer wieder aufgetaucht sind, halten sich so hartnäckig, weil sie so viel Bedeutung für unser Leben haben – damals wie auch heute.
Der positive Aspekt dieser heutigen unschönen Wahrheit ist, dass die Musik der Vergangenheit einer der beste Ort ist, um neue Inspiration zu finden – sofern du weißt, wonach du Ausschau halten musst.
Auf lange Sicht
Eins muss ich deutlich machen: Wenn ich von der Vergangenheit rede, meine ich nicht die heißesten Trends in der Bassline-Produktion von letztem Jahr.
Mit Vergangenheit meine ich einen breiten Überblick über die Musikgeschichte, der alle Epochen der Musik im Blick hat.
Wenn man sich Musik auf diese Weise anschaut, versteht man schnell, dass sich Musik mit der Zeit entwickelt hat. Eines der besten Beispiele dafür stammt aus der Entwicklung der Harmonik.
Die Musik der Vergangenheit ist einer der beste Ort ist, um neue Inspiration zu finden – sofern du weißt, wonach du Ausschau halten musst.
In der frühen westlichen Musik gab es strenge Konventionen bezüglich welche musikalischen Intervalle zusammen als angenehm empfunden wurden.
Es mag dich überraschen, dass die frühen Komponist*innen lediglich Gleichklang, reine Quarten, Quinten und Oktaven als “wohlklingend” ansahen.
Du hast richtig gehört – die süßlich klingenden Terzen und Sexten, die für heutige Dur-Tonleitern und -Akkorde so wichtig sind, klangen für damalige Ohren zu angespannt und krächzend.
Als sich Musik weiterentwickelte, freundeten sich Komponist*innen schrittweise mit Spannung in ihren Akkorden und Akkordfolgen an.
Heutzutage nehmen wir Dissonanzen, die die Haare von mittelalterlichen Musiker*innen zu Berge hätten stehen lassen, kaum wahr.
Und falls moderne Trends in der Pop-Produktion Vorboten für das sind, was als nächstes kommt, dann könnte es sein, dass sich die Musik komplett von der Harmonik verabschiedet.
“YouTuber Inside the Score” stellt fest, dass moderne Hörer*innen heute sensibler für klangliche Texturen sind als jemals zuvor.
Wenn du pessimistisch bist, was Musik angeht, bietet es sich an zu sagen, dass alles schon dagewesen und nichts Neues mehr möglich ist.
Doch falls du deinen Horizont auf mehr Gebiete der Musikgeschichte erweiterst, dann hält dieses Argument nicht stand.
Der Vorteil des Nachhineins
Auch wenn diese Position fehlerhaft ist, hat das Gefühl von Hoffnungslosigkeit, das mit ihr verbunden ist, bizarrerweise etwas Anziehendes.
Vielleicht ist das der Grund dafür, dass diese Position nicht verschwindet.
Doch es gibt einen weiteren Grund, warum du nicht in diese Falle tappen solltest.
Diejenigen, die behaupten, dass “alles schon dagewesen ist”, tun dies, weil es so schwer vorherzusehen ist, was als nächstes kommt, bevor es tatsächlich passiert.
Diese Einstellung ist kontraproduktiv und kann sich negativ auf deine Kreativität auswirken.
Wenn du wirklich glaubst, dass es nichts Neues mehr zu erschaffen gibt, dann verschließt du dich vor der Möglichkeit der Innovation.
Manche der größten Durchbrüche in der Musikgeschichte mögen aus heutiger Perspektive offensichtlich erscheinen.
Manche der größten Durchbrüche in der Musikgeschichte mögen aus heutiger Perspektive offensichtlich erscheinen.
Damit meine ich z.B. Ideen wie das Sampeln von bereits existierenden Alben, um neue Musik zu machen, oder die Wiederentdeckung von vergessenen Drum-Machines für neue Dance-Musik.
Doch versetze dich in die Personen, die Musik gemacht haben, bevor diese Entwicklungen Einzug gehalten haben.
Diese bahnbrechenden Konzepte wären dir selbst vielleicht nie eingefallen!
Offen für neue Ideen zu sein erfordert Optimismus bezüglich der Zukunft der Musik. Dabei handelt es sich um ein bizarres Paradox.
Aus den Tiefen der Geschichte schöpfen
Trotz alldem ist klar, dass viele Merkmale moderner Musik ziemlich alt sind.
Konventionen wie Strophen und Refrains können bis hin zur Musik, die alte griechische Dramen begleitete, zurückverfolgt werden.
Diese sich wiederholenden Muster können dafür sorgen, dass es einem so vorkommt, als seien wir dazu verflucht, uns dauerhaft zu wiederholen.
Doch all das bedeutet lediglich, dass die Musik der Vergangenheit immer auch etwas Wichtiges über unsere heutigen Leben zu sagen hat.
Man kann so viel gewinnen, wenn man lernt, diesen Umstand wertzuschätzen.
Offen für neue Ideen zu sein erfordert Optimismus bezüglich der Zukunft der Musik. Dabei handelt es sich um ein bizarres Paradox.
Sobald du der Musik aus verschiedenen Epochen die Tür geöffnet hast, wirst du überall Springbrunnen der Inspiration erblicken.
Es kann sein, dass du dich in die impressionistischen Akkorde der späten Romantik oder die dichten Gesangsharmonien der frühen Country-Sänger*innen verliebst.
Oder vielleicht schließt du dich dem Experimentalismus der Musique concrète an.
Es gibt so viel zu entdecken, dass du bestimmt etwas findest, was dich anspricht.
Neu für dich
Immer den neuesten Trends zu folgen, ist ganz schön anstrengend. Man fällt leicht in ein kreatives Loch, wenn man stetig versucht, mit heutigen musikalischen Entwicklungen Schritt zu halten.
Doch egal was Skeptiker*innen sagen – Innovation ist stets möglich. Und du musst nicht immer ganz vorne mit dabei sein, um sie zu erfahren.
Egal welcher Abschnitt der Musikgeschichte dich besonders anspricht – wenn du dir die Zeit nimmst zurückzublicken, verfügst du stets über eine Quelle der Inspiration.
Und vergiss nicht: Niemand weiß, was als nächstes kommt, bevor es passiert!
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