Wie man den richtigen Plattenvertrag unterzeichnet
Die Ankunft des Online-Vertriebs hat sich auf alle Bereiche der Musikbranche ausgewirkt…
Zum Beispiel auch darauf, wie Plattenverträge funktionieren.
Das Unterzeichnen eines Plattenvertrags ist häufig mit Angst und Verwirrung, aber auch Freude und Aufregung verbunden. Doch in jedem Fall gibt es ein paar wichtige Dinge, die du wissen solltest, bevor du deine Unterschrift unter einen Vertrag setzt.
Es gibt ein paar wichtige Dinge, die du wissen solltest, bevor du deine Unterschrift unter einen Vertrag setzt…
Anwalt für Musikrecht Mark Quail hat sich ein wenig Zeit genommen, um uns die wichtigsten Fragen zum Thema Plattenverträge für moderne Musiker/innen zu beantworten.
Quail ist seit 1990 Anwalt für Musikrecht und vertritt derzeit führenden Musiker/innen der Elektroszene wie Richie Hawtin, Dubfire, Art Department, John Acquaviva, Matador, Pleasurekraft, Mathew Jonson und Shaun Frank. Er sitzt zudem im ratgebenden Vorstand der Association for Electronic Music und moderiert The Music Law Podcast.
Wir haben Mark nach allem gefragt, was du über moderne Plattenverträge wissen musst, darunter wie du schlechte Verträge vermeidest, deine musikalischen Rechte schützt, sowie ein paar Klauseln, nach denen du die Augen offenhalten solltest, bevor du dich verpflichtest.
Was genau bedeutet ‘Plattenvertrag’ im Kontext einer modernen Musikbranche, in der Streaming an erster Stelle steht?
In vielerlei Hinsicht sind heutige Plattenverträge den Plattenverträgen von früher sehr ähnlich, auch in einer Musikbranche, in der das Streaming an erster Stelle steht.
In den meisten Fällen wird in einem Plattenvertrag der vollständige Transfer des Eigentums von musikalischen Urheberrechten an den Master-Aufnahmen vom ursprünglichen Interpreten auf die Plattenfirma angestrebt. Die Plattenfirma sieht es normalerweise darauf ab, die Urheberrechte auf unbegrenzte Zeit innezuhaben.
Auf diese Weise bauen Plattenfirmen ihre Kataloge auf und verbessern ihr Profil für eventuelle Käufer/innen.
Im Plattenvertrag wird normalerweise festgelegt, dass die Musikerin oder der Musiker für eine bestimmte Zeit ausschließlich für die entsprechende Plattenfirma tätig sein darf. Dabei kann es sich um mehrere Jahre oder auch eine bestimmte Anzahl von Singles oder Alben handeln, die abgeliefert werden müssen, damit der Vertrag erfüllt wird.
Brauchen Musiker/innen einen Plattenvertrag, um erfolgreich zu sein?
Nicht unbedingt…
Was Musiker/innen heutzutage brauchen, um erfolgreich zu sein, sind Marketing-Skills und Geld, um die Kosten für Social Media und Management abzudecken.
Was Musiker/innen heutzutage brauchen, um erfolgreich zu sein, sind Marketing-Skills und Geld, um die Kosten für Social Media und Management abzudecken.
Die Zeiten, zu denen man große Summen für Studioaufnahmen und ein solides Versand-Netzwerk ausgeben musste, um Aufnahmen zu produzieren und zu vertreiben, sind vorbei.
Das war früher die Aufgabe der Plattenfirmen, die dadurch entscheiden konnten, was veröffentlicht wird und was nicht.
Durch Digital Audio Workstations (DAWs) und den Online-Vertrieb wurden diese Hürden überwunden.
Was heutzutage von Plattenfirmen verlangt wird, ist eine Methode, die Arbeit der Musikerin oder des Musikers ins Blicklicht der Öffentlichkeit zu rücken. Das erfordert (selbstredend) Geld, ein begabtes Team von Social-Media-Manager/innen, sowie andere Marketing-Expert/innen, die stets auf dem neuesten Stand sind, was Social-Media-Marketing, die besten Marketing-Möglichkeiten und verfügbare Förderung anbelangt.
Meistens sind die Möglichkeiten dessen, was Musiker/innen ohne professionelle Hilfe erreichen können, begrenzt.
Das kann alles von einem Plattenlabel oder auch von Musiker/innen in Zusammenarbeit mit ihren Manager/innen gestemmt werden, doch meistens sind die Möglichkeiten dessen, was Musiker/innen ohne professionelle Hilfe erreichen können, begrenzt.
Das Publikum einer Musikerin oder eines Musikers, die oder der bereits ein gewisses Level an Erfolg erreicht hat, kann durch die Expertise des Teams eines größeren Labels noch vergrößert werden.
Zum Beispiel: “SoundCloud-Rapper”. Manche haben beachtliche Erfolge erzielt, alleine durch ihre Veröffentlichung auf SoundCloud. Doch den Erfolg noch zu vergrößern, bedeutet häufig, dass man einen Plattenvertrag mit einem Label unterzeichnen muss, um ein noch breiteres Publikum zu erreichen.
Das ist ein sehr gängiges Modell in der aktuellen Musikbranche. Das Label minimiert das Risiko, indem es Business-Entscheidungen trifft, die auf dem Erfolg basieren, den ein unabhängiger Musiker bereits erlangt hat. Das heißt, dass messbarer Erfolg immer wichtig ist, egal ob du später mit einem Label zusammenarbeiten willst oder nicht.
Wie haben sich Plattenverträge verändert?
Bei Plattenverträge ging es schon immer hauptsächlich darum, Urheberrechte zu erlangen und zu behalten. Was sich verändert hat, ist die Art des Vertriebs.
Heutzutage ist es das Streaming. Früher war es der Versand glänzender Scheiben in Plastikgehäusen. Morgen ist es vielleicht wieder etwas Anderes.
Plattenverträge enthalten normalerweise Konditionen, die der Plattenfirma das exklusive Recht einräumt, die Master-Aufnahmen durch “alle derzeit bekannten oder künftig entdeckten Mittel” zu verwerten.
Heutzutage ist es das Streaming. Früher war es der Versand glänzender Scheiben in Plastikbehältern. Morgen ist es vielleicht wieder etwas Anderes.
Durch diese Art der Formulierung kann die Plattenfirma Verkaufsmethoden verändern oder hinzufügen, um mit den Aufnahmen Geld zu verdienen.
Was ist ein schlechter Plattenvertrag?
Es gibt mehrere Arten, diese Frage zu beantworten…
Ich erlaube mir, an dieser Stelle ein bisschen philosophisch zu werden: Alle vertraglichen Konditionen, die einer der beiden Vertragsparteien übermäßig Vorteile verschafft, führen zu Bitterkeit und Groll in der Zukunft.
Alle vertraglichen Konditionen, die einer der beiden Vertragsparteien übermäßig Vorteile verschafft, führen zu Bitterkeit und Groll in der Zukunft.
Diese Ressentiments vergiften zwangsläufig die Beziehung zwischen Musiker/in und Plattenfirma, obwohl beide zusammenarbeiten müssen, um erfolgreich zu sein.
Die meisten guten Anwält/innen, die den Musiker oder die Musikerin vertreten, versuchen bei den Verhandlungen dafür zu sorgen, dass beide Vertragsparteien bekommen, was sie wollen.
Bei allen kommerziellen Unternehmungen, bei denen Kreativität wichtig ist, besteht der weiseste Weg darin, eine Beziehung herzustellen, in der beide Seiten glücklich sind und gerne zusammenarbeiten. In den meisten Fällen besteht diese Beziehung mit einem großen Label für 5 bis 7 Jahre oder länger. Wenn diese Beziehung scheitert, bedeutet das meistens das Ende einer Musikkarriere. Du solltest daher vorsichtig vorgehen.
Hier sind ein paar Beispiele spezifischer Verhandlungspunkte, die du, je nach deiner Situation, zu vermeiden versuchen solltest.
Es wurden ganze Bücher über dieses Thema geschrieben, doch hier kommen drei, die mir so einfallen:
- Eine Verpflichtung, die zu lange dauert und für die so viele Veröffentlichungen verlangt werden, dass es zu viele Jahre dauert, um den Vertrag zu erfüllen.
- Verlust der kreativen Kontrolle. Die Bedingungen des Vertrags erlauben zu viele Eingriffe der Plattenfirma, was dazu führt, dass die Vision des Musikers unter den Tisch fällt. Das nervt Musiker/innen zu sehr und sie schauen sich schnell nach Wegen aus dem Vertrag um.
- Vertragsbedingungen, die es der Plattenfirma erlauben, zu viel von den Einnahmen des Musikers abzuziehen, z.B für solche Dinge wie Verpackung, Verkäufe in anderen Ländern oder kostenlose Waren.
Es gibt haufenweise mehr zu beachten, wenn man versucht, einen schlechten Plattenvertrag zu vermeiden. Doch diese drei Punkte sind wichtig und sollten im Hinterkopf behalten werden.
Was ist ein guter Plattenvertrag?
Was einen guten Plattenvertrag ausmacht, sind Konditionen, bei denen alle beteiligten Parteien von dem Deal profitieren.
Was einen guten Plattenvertrag ausmacht, sind Konditionen, bei denen alle beteiligten Parteien von dem Deal profitieren.
Beide Seiten müssen profitieren, sonst wird sich die Beziehung auf lange Sicht verschlechtern und und der Produktivität schaden.
Die spezifischen Vertragsbedingungen hängen von den Verhandlungsfähigkeiten der Musikerin oder des Musikers ab. Deshalb ist es so wichtig, dass du deine Statistiken im Auge behältst – so kannst du sie dir in den Verhandlungen zunutze machen.
Ein/e neue/r Musiker/in mit relativ wenigen Einnahmen wird nicht die gleichen Bedingungen bekommen wie ein/e Musiker/in, die bereits solide Einnahmen vorweisen kann.
Zu diesen Bedingungen gehören:
- Lizenzgebührensätze
- Die Anzahl an Singles, die abgeliefert werden müssen.
- Ob die Plattenfirma für ein Video bezahlen wird.
- Die Summe an Geld, die die Plattenfirma für Social-Media-Kampagnen ausgeben wird.
- Ob die Plattenfirma auch einen Anteil an den Einnahmen bekommt, die durch den Musikerverlag, Merchandise und Live-Auftritte generiert werden.
Aus einer technischen, rechtlichen Perspektive kann auch ein Vertrag, der gut geschrieben ist und klar formulierte, eindeutige Vereinbarungen enthält, als guter Vertrag angesehen werden.
Schlecht verfasste Verträge werfen mehr Fragen auf als sie beantworten. Mehr Fragen heißt, man muss mehr Geld für Anwält/innen ausgeben, was wiederum bedeutet, dass man eventuell zu Gericht ziehen muss und das Ganze vor einer Richterin oder einem Richter regeln lassen muss.
Was sind die Vorteile eines Langzeit-Plattenvertrags?
Ganz ehrlich: Meiner Meinung hat ein Langzeit-Vertrag, der die Ablieferung von mehr als drei Alben verlangt, keine Vorteile für Musiker/innen.
Alle Plattenverträge sind als eine Reihe von Optionen strukturiert, die vollkommen im Ermessen der Plattenfirma liegen. Die Musikerin oder der Musiker mag zwar denken, dass sie oder er auf lange Zeit einen garantierten Vertreiber für ihre oder seine Musik hat, doch tatsächlich ist es so, dass die Plattenfirma jederzeit das Verhältnis beenden kann.
Ein Kurzzeit-Vertrag bietet Musiker/innen die Möglichkeit, zu einer anderen Plattenfirma zu wechseln, sobald sie ihr erstes Album abgeliefert haben. Dinge können sich schnell verändern, daher ist es gut, sich seine Optionen offenzuhalten.
Dinge können sich schnell verändern, daher ist es gut, sich seine Optionen offenzuhalten.
Im Idealfall bauen Musiker/innen ihre Popularität auf dem Markt mit den ersten zwei bis drei Alben langsam auf und erfüllen den ersten Vertrag. Dann sind sie in der guten Ausgangsposition, um einen neuen Plattenvertrag einzugehen, da sich die Karriere im Aufschwung befindet und man dadurch eine stärkere Verhandlungsposition innehat.
Was ist ein 360°-Plattenvertrag?
Wie der Name bereits vermuten lässt, versuchen 360°-Verträge alle Bereiche des Einkommens des Musikers sowie der Label-Dienstleistungen abzudecken.
Ein/e Musiker/in hat generell vier Einkommensquellen:
- Einkommen von Tonaufnahmen
- Einkommen von Songs, die die Musikerin oder der Musiker komponiert hat
- Einkommen von Merchandise (T-Shirts etc.)
- Einkommen von Live-Auftritten
360°-Verträge umfassen alle oder fast alle vier Elemente.
Ein 360°-Vertrag zielt darauf ab, dass die Plattenfirma Geld aus allen vier Einkommensquellen bezieht, und stellt der Musikerin oder dem Musiker im Idealfall Dienste zur Verfügung, die ihr oder ihm dabei helfen, die Einnahmen aus allen Quellen zu maximieren.
Sind 360°-Verträge gut für Musiker/innen?
Manche Musiker/innen brauchen am Anfang ihrer Karriere eine heftige Geldspritze, um aufs nächste Level zu gelangen. Falls dem so ist, bleibt ihnen nichts Anderes übrig, als einem Investor wie einer Plattenfirma einen sichereren Weg in Form eines 360°-Vertrags anzubieten, um das Investment abzutragen.
Da Plattenverkäufe stetig zurückgehen und das Einkommen aus Streaming zu diesem Zeitpunkt sehr gering ist, brauchen Plattenfirmen bessere Wege, um ihre Investitionen zu sichern.
Da Plattenverkäufe stetig zurückgehen und das Einkommen aus Streaming zu diesem Zeitpunkt sehr gering ist, brauchen Plattenfirmen bessere Wege, um ihre Investitionen zu sichern.
Eine Lösung besteht darin, sich einen Teil der anderen Einkommensquellen wie Merchandise und Touring zu erschließen. Aus diesem Grund sehen Plattenfirmen einen solchen Vertrag sehr gerne.
Falls ein/e Musiker/in das nötige Kapital oder die nötigen Marketing-Skills ohne ein Plattenlabel nicht bekommt, sind die Bedingungen eines 360°-Plattenvertrags schlicht und ergreifend der Geschäftsentwurf, mit dem sie oder er sich auseinandersetzen muss.
Hinweis: Der Inhalt dieses Artikels stellt keinen offiziellen rechtlichen Rat dar. Du solltest dich stets von erfahrenen Entertainment-Anwält/innen beraten lassen, wenn du einen Vertrag unterschreiben oder auf sonstige Weise in der Musikbranche arbeiten willst.
Finde hier mehr über Mark Quail heraus und hör dir The Music Law Podcast an für zusätzliche Infos zum Musikrecht. Folge Mark auf Twitter und Instagram.
Verpasse keinen Post aus dem LANDR Blog