Wie Sound Diplomacy weltweit Musikstädte verbessert

Wie Sound Diplomacy weltweit Musikstädte verbessert

Die aufregendsten Projekte und Policen, die MusikerInnen in Städten auf der ganzen Welt beeinflussen.

Musik-Communitys existieren nicht isoliert – sie brauchen Städte, in denen sie florieren können.

Manche Städte sind berühmt für ihre Musikszene: London, Chicago, Nashville, Berlin… Wie kommt es, dass die Szenen in diesen Städten so florieren? Inwiefern beeinflussen Regierungen und Unternehmen Musik?

Sound Diplomacy beantwortet diese Fragen. Sound Diplomacy ist eine internationale Agentur, die politischen EntscheidungsträgerInnen, UnternehmenseigentümerInnen und MusikerInnen die nötigen Tools bereitstellt, damit sie Musik-Communitys aufleben lassen können.

Musik-Communitys sind komplexe Ökosysteme – alles ist von Bedeutung und voneinander abhängig. Gute Kommunalpolitik oder eine vorteilhafte Business-Entscheidung kann mehr Veranstaltungsorte und Übungsräume für MusikerInnen mit sich bringen. Steht es mit der Politik jedoch schlecht, kann das eine komplette Musikszene vernichten. Da Gigs für unabhängige MusikerInnen unheimlich wichtig sind, war es noch nie so essentiell, die Beziehungen zwischen Städten und ihren Musik-Communitys zu pflegen.

Sound Diplomacy hat den Londonder Bürgermeister konsultiert, Regierungen in Kuba, Brisbane, Armenien, Costa Rica und St. Lucia beraten, zu Katowices Status als UNESCO City of Music beigetragen und über 500 KünstlerInnen und Unternehmen dabei geholfen, in neue Märkte vorzudringen.

Um einige der spannendsten Projekte und Gesetzgebungen ausfindig zu machen, die MusikerInnen in Städten auf der ganzen Welt beeinflussen, haben wir mit Lukas Knoflach gesprochen, der bei Sound Diplomacy fürs Market Development zuständig ist.

Wie bist bei Sound Diplomacy gelandet, was für einen Background hast du?

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Ich habe International Betriebswirtschaft & Medienmanagement studiert. Während meines Studiums habe ich außerdem in der Musikbranche gearbeitet – zuerst bei einer unabhängigen Plattenfirma/Agentur in Wien und dann für ein paar Jahre als Manager für zwei kanadische Künstler.

Ich habe vor etwa zweieinhalb Jahren begonnen, bei Sound Diplomacy zu arbeiten, nachdem ich nach Berlin gezogen war, um als Freelancer und Kurator für das Programm der Konferenz Tech Open Air zu arbeiten.

Wie sieht die Verbindung zwischen Kommunalpolitik in Städten und Musik aus?

Die Verbindung liegt nicht direkt auf der Hand. Doch gute Kommunalpolitik in Städten unterstützt die Entwicklung über die gesamte Bandbreite des Musik-Ökosystems hinweg – von Live-Musik über Musikpädagogik bis hin zu Musikunternehmen.

Dabei ist eine holistische Herangehensweise wichtig. Wenn wir uns Musik in Städten anschauen, ist es wichtig zu definieren und zu verstehen, inwiefern Musik in unsere Gemeinschaft Wert schafft.

Alles in allem steigert Musik die Lebensqualität aller.

Dabei gibt es die wirtschaftliche Seite – eine gesunde Musikszene schafft einen nachhaltigen wirtschaftlichen Wert, fördert den Tourismus und sorgt dafür, dass Talente nicht abwandern.

Doch Musik schafft auch abstraktere Werte, wie zum Beispiel soziale Inklusion. Das Erlernen eines Instruments verbessert das Gedächtnis, schärft die Konzentration und steigert den IQ. Alles in allem steigert Musik die Lebensqualität aller.

Wie sieht ein gesundes Musik-Ökosystem aus?

Für Städte ist es wichtig, in Musik-Ökosystemen zu denken und dementsprechend eine holistische Herangehensweise zu entwickeln. Das beinhaltet alles, von der Förderung von Musikpädagogik, unterschiedlich großer Veranstaltungsorte und Musikunternehmen bis hin zur Analyse, wie der öffentliche Nahverkehr das Nachtleben in der Stadt beeinflusst.

Für Städte ist es wichtig, ein Formen von Musik-Ökosystemen zu denken und dementsprechend eine holistische Herangehensweise zu entwickeln.

Ein gesundes Musik-Ökosystem (oder eine gesunde Musikstadt) versteht, wie Stadt- und Kulturpolitik aufeinander einwirken und wie InteressenvertreterInnen – von MusikerInnen bis hin zu KonsumentInnen – bei jedem Schritt ihrer musikalischen Reise unterstützt werden können.

Wir haben vor kurzem eine Infografik zu dem Thema, wie Musikstädte entstehen, veröffentlicht. Sie erklärt viele der Dinge, die ich erwähnt habe, und bietet zudem einen Einblick in unsere Vorgehensweise:

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Kannst du uns ein paar Beispiele für Gesetze nennen, die die Entwicklung von Musik hemmen?

Stadtplanungs-Richtlinien bevorzugen häufig wirtschaftliche Rentabilität und den Profit von AktionärInnen. Diejenigen, die dabei ausgelassen werden, sind häufig Leute, die bezahlbaren Wohnraum brauchen, oder Orte, die keinen umgehenden Profit für AktionärInnen abwerfen: Veranstaltungsorte für Konzerte, Übungsräume, Gemeinschaftszentren… Orte, die für eine florierende Musik-Community nötig sind.

Es gibt Regelungen, die bestimmte Communitys benachteiligen oder die die Entwicklung von Musik über verschiedene Szenen und Genres hinweg nicht gleichberechtigt unterstützen. Erst letzten Monat hat die Polizei in London das Form 696 Risk Assessment, ein Dokument, das manche PromoterInnen einreichen mussten, abgeschafft. Dem Formular wurde vorgeworfen, bestimmte Gruppen zu benachteiligen und Live-Auftritte im Grime- und Garage-Genre-Bereich unverhältnismäßig stark zu betreffen.

Im Oktober hat New York das sogenannte “Cabaret Law” abgeschafft. Davor war das Tanzen nur an Orten erlaubt, die eine Kabarett-Lizenz hatten. Dieses Gesetz hat EigentümerInnen von Veranstaltungsorten unter Druck gesetzt und es wurde immer wieder bemängelt, dass es willkürlich vollstreckt wurde und diskriminierend gewesen sei. In Schweden gibt es ein solches Gesetz seit den 70ern und hat nach wie vor Bestand. Es sollte “spontanes Tanzen” verhindern. Wenn du willst, dass Leute tanzen, solltest du dort besser eine Tanzerlaubnis haben!

Was kann getan werden, um diese Gesetze zu rückgängig zu machen oder zu verändern?

Viel positive Veränderung kann durch Kommunikation und die Vermittlung zwischen den Musik-Communitys und PolitikerInnen zustande gebracht werden. In Berlin betreibt die Club Commission seit 2004 Lobbying für die Clubs und Veranstaltungsorte der Stadt und hat für viele positive Veränderungen und mehr Verständnis gesorgt.

Viel positive Veränderung kann durch Kommunikation und die Vermittlung zwischen den Musik-Communitys und PolitikerInnen zustande gebracht werden.

In London arbeiten wir eng mit dem Bürgermeister zusammen und haben eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des London Music Board, der Night Time Commission sowie dem ausführenden Sekretariat des London Music Board gespielt. Diese Positionen und Strukturen wurden in den letzten paar Jahren geschaffen, um die Entwicklung der Londoner Musikszene voranzutreiben und die massiven Schließungen von Grassroots Venues in der Stadt rückgängig zu machen.

Was genau ist die Music Cities Bewegung?

Das Konzept der Musikstadt gibt es schon seit langem. Traditionell wurde es mit Nashville verbunden, doch in den letzten Jahren hat der Begriff Musikstadt (Music Cities) immer mehr Zulauf erhalten. Heute bezeichnet er Städte, die proaktiv die Entwicklung von Musik-Ökosystemen unterstützen.

2015 haben wir die erste Music Cities Convention in Brighton und Washington organisiert. Zusammen mit der Hamburg Music Business Association hat Sound Diplomacy außerdem das Music Cities Network geschaffen, das die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen Mitgliedsstädten fördert. Mehr und mehr Städte beginnen zu verstehen, wie wichtig es ist, ihre Kultur- und Musikszene zu schützen und zu fördern – Sound Diplomacy hilft dabei.

Das Konzept der Nachtökonomie gewinnt immer mehr an Bedeutung. Kannst du uns erklären, was sich dahinter verbirgt und inwiefern es sich auf KünstlerInnen und Städte auswirkt?

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Es gibt keine strenge Definition, wann der Tagesbetrieb endet bzw. wann der Nachtbetrieb startet, doch generell bezieht sich das Konzept auf oökonomische Wertschöpfung, die außerhalb der herkömmlichen Öffnungszeiten stattfindet, was Kultur und Nachtleben, jedoch auch Nachtverkehr, Restaurants und Sport beinhaltet.

Als Reaktion auf das Interesse und die steigende Wichtigkeit der Nachtökonomie haben Städte wie Amsterdam und London die Position eines Nacht-Bürgermeisters (oder Nacht-Czars) erschaffen, die zwischen Nachtleben, AnwohnerInnen und der Regierung vermitteln. In Amsterdam hat der Nacht-Bürgermeister 24-Stunden-Lizenzen für einige Clubs außerhalb des Stadtzentrums ausgehandelt. In London hat Sadiq Khan eine 24-Stunden-Vision für die Stadt entwickelt, in der Kultur und Musik eine große Rolle spielen.

Diese Initiativen sind Reaktionen auf Veränderungen im Lifestyle, den Bedürfnissen und den Arbeitssituationen in Städten. Für MusikerInnen bedeutet das, dass es mehr Möglichkeiten für Auftritte, mehr Raum zum Experimentieren und generell mehr Freiheit gibt, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass andere InteressenvertreterInnen nicht auf der Strecke bleiben.

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Annika Wegerle

Annika liebt verquere Geschichten und schillernde Figuren. Sie schreibt über Musik und alles, was sie sonst in die Finger bekommt.

@Annika Wegerle

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