8 vollkommen bizarre Aufnahme-Experimente, die auf Hit-Alben gelandet sind

8 vollkommen bizarre Aufnahme-Experimente, die auf Hit-Alben gelandet sind

Experimente sind die Mutter aller Erfindungen.

Veränderungen entstehen nicht, indem du immer alles so machst wie eh und je.

Die Musikproduktion hat es weit gebracht seit den Anfängen des Recordings. Und das Alles ein paar wenigen weitsichtigen KünstlerInnen, ProduzentInnen und ToningenieurInnen zum Dank.

Die Tracks in dieser Liste sind der Beweis dafür, dass es die Risiken sind, die man eingeht, sowie die Entscheidungen, die du triffst – von der Inspiration bis zum Mastering -, die gute Alben großartig machen.

Hier sind 8 bizarre Aufnahme-Techniken, die die Alben, auf denen sie zu hören waren, definiert haben.

Michael Jackson – Billie Jean

Thriller. Eines der besten Alben aller Zeiten.

Quincy Jones und Michael Jackson waren das Traumpaar der Musikproduktion.

Weniger bekannt ist hingegen der Toningenieur Bruce Swedien. Er hat jedoch genauso zum kultigen Sound von Thriller. Sein Streben nach dem perfekten Sound ist ziemlich beeindruckend — alleine von ‘Billie Jean’ gibt es 91 unterschiedliche Mixe.

Swedien nutzte außerdem viele eigenhändig entwickelten Techniken.

Zum Beispiel: Die Textzeile “don’t think twice”, die es in die finale Fassung von ‘Billie Jean’ geschafft hat, wurde von Michael durch ein 1,5 Meter langes Papprohr gesungen. Da war keine Postproduktion nötig.

Tool – Crawl Away

Sylvia Massy begann ihre Arbeit als Toningenieurin zunächst in der Metal-Szene L.A.s. Ihr Portfolio enthielt später jedoch auch Alben von Johnny Cash, Slayer und Danzing.

Ihre wohl bekannteste Arbeit als Mixerin und Toningenieurin war jedoch ihre Zusammenarbeit mit Tool.

Massy versuchte, das Gefühl der Live-Auftritte von Tool einzufangen, insbesondere die Vocals von Maynard James Keenan. Massy bediente sich häufig extremer Mittel, um jenen Sound einzufangen, den sie für das Album passend fand. Während der Einspielung der Vocals für Tools Album “Crawl Away” war sie mit den Schreien unzufrieden.

Nach mehreren erfolglosen Versuchen orderte sie Keenan, das Gebäude zu verlassen und 5 Runden ums Studio zu drehen. Als er zurückkehrte, war er außer Atem und wütend—eine Kombination, die den perfekten Schrei auf der finalen Aufnahme zeitigte.

10cc – I’m Not In Love

10cc waren schlichtweg Meister im Studio. Die Liste ihrer Aufnahme-Experimente ist schwindelerregend. Unter all ihren Studio-Tricks ist wohl keiner so bizarr wie das zuckersüße ‘Whoosh’, das in ihrem Hit ‘I’m Not in Love’ zu hören ist.

10cc nahmen ihre Bandmitglieder 3 Wochen lang dabei auf, wie sie einfach nur das Wort ‘Ahhh’ sangen, und spielten die Aufnahme auf Kassette. Das Ziel dabei war, eine Geräuschkulisse zu erzeugen, die ununterbrochen laufen und sich mit den anderen Instrumenten überlagern konnte, egal welcher Ton gerade gebraucht wurde.

Als alles unter Dach und Fach war, hatten sie 256 Lagen aus Stimmen auf 16 Spuren. Jede Stimme in der chromatischen Tonleiter wurde in das Mixpult geladen. Wenn sich der Song veränderte, wurden die Fader angepasst. Auf diese Weise konnten sie das Mischpult als Sprachsynthesizer nutzen. Deshalb hatte noch kein Album jemals zuvor so geklungen.

The Crystals – Da Doo Ron Ron

Die Aufnahmetechniken Phil Spectors dienten einer kompletten Generation an Musikbegeisterten als Inspiration.

Spectors wichtigster Beitrag zur Recording besteht in seiner “Klangwand”-Methode, mit der er Aufnahmen aufzupeppen pflegte. Das Konzept ist simpel: Man verbinde verschiedene Performances miteinander, um aus ihnen eine riesige Wand aus geschichtetem Klang zu kreieren. Spector bediente sich Klavieren, Gitarren und so ziemlich aller anderen Instrumente, um eine kontrollierte Pop-Symphonie aus mehreren Overdubs zu kreieren.

Während Overdub und Schichtung heute in der Tontechnik Gang und Gäbe sind, waren diese Methoden zu Spectors Zeiten neu. Der “Klangwand”-Ansatz führte dazu, dass sich Spectors Produktionen auf den schwachen AM-Radiosignalen, die damals die Norm waren, von anderen abhoben.

Die Tontechnik, die Spector für ‘Da Doo Ron Ron’ anwandte, war ein Paradebeispiel für seine “Klangwand”-Technik. Die Präsenz, die der Sound auf diesem Album einnahm, war seiner Zeit weit voraus.

The Tornados – Jungle Fever

Joe Meek ebnete den Weg für Prozesse wie Hall, Delay, Sampling und Overdub, die für uns heutzutage selbstverständlich sind. Ohne seinen Hang zum klanglichen Experiment wären wir heute was das Recording angeht, noch lange nicht da, wo wir sind.

Eines von Meeks seltsameren Experimenten kann man am Anfang des Songs ‘Jungle Fever’ von den Tornados hören. Zuerst denkt man, man hört einen Panther knurren. Bei genauerem Hinhören wird einem jedoch irgendwann klar: Das ist Joe Meeks Kanarienvogel.

Meek nahm seinen Vogel auf Kassette auf und verlangsamte die Aufnahme anschließend, um den Effekt zu erhalten, der in der finalen Version zu hören ist. Leider wurde die Mitarbeit des Vogels nirgendwo erwähnt.

The Beach Boys – Good Vibrations

Brian Wilson ist ein absoluter Recording-Experte.

Wilson war berühmt-berüchtigt dafür, seine Tracks in Stücken aus mehreren Sessions aufzunehmen. Wenn er mehrere Aufnahmen von jeder Session hatte, zerstückelte er sie und setzte sie anschließend in einen kompletten Song zusammen.

Der Effekt, den das auf die Alben hatte, war so seltsam wie bahnbrechend. Subtile Verschiebungen in der Stimmung und dem Groove, die sich in den späteren Arbeiten der Beach Boys finden, existieren genau deswegen.

Neben seinen Versuchen mit Kassetten-Techniken setzte Wilson zudem ein paar interessante Instrumente ein, die für Rock eher untypisch waren. Das Wee-ooo-Heulen am Anfang des Refrains von ‘Good Vibrations’ wird häufig für ein Theremin gehalten.

Tatsächlich war es jedoch ein von Paul Tanner gebautes experimentelles Instrument namens Tannemin. Das Tannemin war ein Synthesizer, der so etwas wie eine Posaune auf die Idee des Theremin anwendete.

Sein Design machte es um einiges einfacher in der Benutzung als das Theremin. Wilson schien von dieser Art experimentellen Klangs, der einem als Fehl am Platz erscheinen konnte, besonders angezogen.

Dabei traf er jedoch den Nagel auf den Kopf, denn das Album ist nach wie vor eines der symbolträchtigsten aller Zeiten.

The Talking Heads – Once in A Lifetime

Brian Enos Können als Toningenieur und Produzent sind mindestens genauso beeindruckend wie seine Fähigkeiten als Musiker.

Seine Arbeit mit The Talking Heads besteht aus einem Erproben diverser experimenteller Aufnahme-Strategien.

Es war Eno, der die Band mit einem Stil vertraut machte, der auf verschiedenen Rhythmen basiert. Die Bandmitglieder setzten alle an unterschiedlichen Stellen ein. Dieses Verfahren lässt alle Teile des Songs auf einzigartige Weise miteinander verfließen und sich dann wieder voneinander lösen.

Zusätzlich ließ Eno jedes Bandmitglied seinen Teil von ‘Once In A Lifetime’ aufnehmen, ohne zu wissen, was die restlichen Bandmitglieder aufgenommen hatten. Sie spielten jeden Teil isoliert von den anderen. Anschließend mixte Eno die ‘blinden Overdubs’ als Effekte in den Originaltrack. Dabei kamen Songs heraus, die fließend und fragmentiert zugleich waren.

Joy Division – She’s Lost Control

Die Obsession, die Martin Hannet in Hinsicht auf Perfektion hegte, führte zum kultigen Sound aus dem Hause Factory Records, das u.a. Joy Division, die Happy Mondays und viele weitere MusikerInnen hervorbrachte, die das Glück hatten, während seiner erfolgreichen Jahre als Toningenieur mit ihm zu arbeiten.

Hannet schien der Meinung, dass Perfektion erreichbar sei. Sein Streben danach schien für ihn der Sinn des Lebens zu sein.

Mögen die Alben, an denen er mitgearbeitet hat, auch noch so makellos gewesen sein, die Prozedur, die er den Bands, die er produzierte, auferlegte, muss der Horror gewesen sein.

Es wird gemunkelt, dass Hannet den Schlagzeuger von Joy Division, Stephen Morris, während der Aufnahmen des Albums ‘She’s Lost Control’ dazu nötigte, sein Schlagzeug-Set auf dem Dach des Studios aufzubauen, um die perfekte Akustik für das Schlagzeug zu bekommen.

Was auch immer er gemacht hat – es hat funktioniert.

EXPERIMENTE ÜBER EXPERIMENTE

Um Außergewöhnliches zu schaffen, muss man Risiken eingehen. Die hier genannten ToningenieurInnen wussten das und haben mit ihren Experimenten die Musik nachhaltig verändert.

Wenn dein Prozess stets der gleiche bleibt, wird sich auch dein Sound nie ändern.

Lasse alte Bequemlichkeiten hinter dir und experimentiere täglich.

Wenn du es denkst, tu es auch.